„Mein Name ist Forest, Black Forest“. Diesen Satz hören deutsche Radionutzer in letzter Zeit häufiger. Natürlich ist der Bezug zu einem der bekanntesten Filmzitate der Geschichte aus dem oscarprämierten Spielfilm „Forrest Gump“ offensichtlich, zumal wir sogar Forrest Gumps Stimme hören können. In meiner Fantasie stelle ich mir also den von Tom Hanks gespielten Forrest vor, wie er mit einer Flasche voll mit kochsalzarmem Mineralwasser in den Bergen des Schwarzwalds sitzt. Und plötzlich werde ich stutzig…
Tom Hanks im Schwarzwald
Der beliebte Schauspieler Tom Hanks macht Werbung für ein deutsches Mineralwasser?
Mein Gehirn denkt weiter: Das kann ja gar nicht Tom Hanks sein, der spricht nach meinem Wissen ja kein Deutsch.
Aber der Gedankengang geht weiter: Dann macht also sein deutscher Synchronsprecher Werbung für das Mineralwasser?
Und schon schießt der nächste Gedanke ins Bewusstsein: Weiß Tom Hanks überhaupt, dass er indirekt in Deutschland Werbung für ein Mineralwasser macht?
Und schließlich: Ist das überhaupt schon einmal jemandem außer mir aufgefallen?
Medien machen Realität
Ich vermute, dass sich die allerwenigsten Radiohörer diese Gedanken machen, während die Werbung läuft. Und doch lassen mich der Gedanke und das Bild von Forrest im Schwarzwald nicht mehr los. Diese Art von Realitätsverzerrung bezeichnen Wissenschaftler als Medienrealität.
Das Phänomen ist bisher vor allem aus dem Fernsehen bekannt: Das Nachmittagsprogramm vieler Privatfernsehsender ist voll mit Scripted Reality und selbst in Nachrichtensendungen wird durch geschickte Bildauswahl eine Realität erschaffen, die es so möglicherweise gar nicht gegeben hat.
Im Radio ist es allerdings noch schwieriger den Tricks der Werbeleute auf die Spur zu kommen, da man sich nur auf seinen Hörsinn verlassen kann. Neben dem Mineralwasser von Forest Gump gibt es übrigens noch andere Beispiele: Etwas subtiler wirbt etwa Bruce Willis (bzw. sein Synchronsprecher), bekannt als harter Cop aus den „Stirb langsam“-Filmen, für eine Baumarktkette.
Recht an der eigenen Stimme?
Ich habe nichts dagegen, dass sich Synchronsprecher ihr nicht gerade üppiges Gehalt etwas aufbessern. Und ganz klar, die deutsche Stimme gehört nicht Tom Hanks, sondern eben seinem deutschen Synchronsprecher und der darf damit grundsätzlich machen, was er gerne möchte.
Trotzdem ist es irgendwie befremdlich, dass sich in meinem Gedächtnis das Bild festgesetzt hat, dass Tom Hanks für ein deutsches Mineralwasser Werbung macht. Es wäre wohl unvorstellbar, dass ein Unternehmen mit einem Bild der Figur Forrest Gump oder sogar mit dem Schauspieler Tom Hanks selbst Werbung für ihr Produkt machen würde, ohne hier die entsprechenden Rechte einzuholen. Denn bei einer kommerziellen Nutzung haben auch Prominente ein „Recht am eigenen Bild“ und könnten dagegen klagen.
Doch wie weit wird das noch gehen? Stellen wir uns einmal vor, dass ein Stimmenimitator eine täuschend echte Aufnahme eines deutschen Prominenten erzeugt, mit der dann geworben wird. Der Name des Imitierten muss nicht einmal genannt werden, trotzdem würde wohl jeder auf die Täuschung hereinfallen. Dank dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ist eine unerlaubte Nutzung der Stimme aber wohl undenkbar.
Bei synchronisierten Personen trifft das nicht zu, aber auch die Synchronstimmen empfinde ich als eine Art Stimme der synchronisierten Person, vor allem wenn diese im Kontext des Films verwendet werden.
Bei den genannten Beispielen ist die Grenze noch nicht überschritten, jedem Radiohörer sollte zuzutrauen sein, dass er unterscheiden kann, wer da spricht (auch wenn es vielleicht einen kleinen Gedankengang erfordert). Wenn uns in Zukunft aber Angela Merkel einen Staubsauger schmackhaft machen möchte oder der werbescheue Stefan Raab ein Auto ganz besonders toll findet, sollten wir noch einmal genau hinhören!